Sophienschule Theaterstück
Im Rahmen meiner Zusammenarbeit mit der Gedenkstätte Ahlem kommen immer wieder spannende Projekte auf mich zu. In diesem Fall eine Kooperation mit der Sophienschule in Hannover. An der Sophienschule hat die sehr engagierte Lehrerein Julia Granitza ein Theaterstück auf die Beine gestellt welches auf Grund der Pandemie nicht angemessen aufgeführt werden konnte.
Im Jahr 2017 begannen bereits die ersten kooperative Planungen zu dem Theaterstück, das über die Geschichte der Sinti und Roma in Deutschland und Hannover aufklären sowie Antiziganismus und Rassismus vom Mittelalter über die NS-Zeit und Nachkriegszeit bis hin zur Gegenwart offenlegen sollte. Begleitet und beraten wurden wir bei dem Projekt von Vertreter*innen des Landesverband der Sinti und Roma.
In der ersten Phase erfolgte eine erste Annäherung an die über Jahrhunderte bestehende Geschichte der Sinti in Deutschland. Der sehr wechselhafte Umgang der Mehrheitsgesellschaft mit der Minderheit und die anhaltende Diskriminierung von Sinti und Roma war vielen Schüler*innen im Vorfeld kaum bewusst, entsetzte und schockierte. Durch Begegnungen mit Samantha Rose, die insbesondere über den langen Kampf um die Anerkennung des Völkermords berichtete, aber auch von ihren eigenen Erfahrungen, sich als Sintezza in Hannover behaupten zu müssen, sind erste Szenenfragmente entstanden, die im Laufe des Schaffensprozess zu einem großen Ganzen wurden.
Im März 2020 war das Stück aufführungsreif, doch zwei Tage vor der Premiere musste es pademiebedingt abgesagt werden. Ein Schock für alle Beteiligten und die ungewisse Frage, ob die ganzen Anstrengungen und Mühen nun völlig umsonst gewesen seien.
Ein Plan B musste her!
Die Gedenkstätte Ahlem ermöglichte es, dass aus dem Theaterstück eine Filmproduktion entstehen konnte, indem der professionelle Filmemacher Philipp von Zitzewitz engagiert wurde, um uns zu unterstützen, die Szenen fachmännisch aufzunehmen und ein aussagekräftige Dokutainemt als Beitrag zur Erinnerungskultur fertigstellen zu können.
In nur sechs Wochen Drehzeit musste die Konzeption eines Bühnenstückes an die Anforderungen eines Dokutainments angepasst und die Szenen abgedreht sein. Kein leichtes Unterfangen, da der Kurs und damit die Schauspieler*innen nur im Wechselunterricht zur Schule kommen durften, Szenen aber vielfach so besetzt waren, dass Rollen umbesetzt oder Körperdouble eingesetzt werden mussten, was durch entsprechende Kameraeinstellungen und Perspektiven gelungen ist.
Zudem wurde aus der Rolle des Erzählers nun der Off-Kommentar in der Filmproduktion und die vielen Hintergrundinformationen von den Schüler*innen eingesprochen und zahlreiche Bildmaterialien für den Filmfluss vonnöten. Was auf der Bühne durch Bühnenbild, Einspielungen sowie Projektionen im Wechsel und entschleunigt den Zuschauer*innen audiovisuell zusätzlich ansprechen soll, ist im Film die Basis, nicht abzuschalten und dem Inhalt weiter folgen zu können und zu wollen.
Quellen- und Internetrecherche, Filmsequenzen von der Recherchearbeit sowie die Kunstfertigkeit Philipp von Zitzewitz` aus stehenden Bildern bewegte Bilder zu machen, lassen den Off-Kommentar lebendig und vor allem sehr informativ werden und halten einem Dokumentar- und Unterrichtsfilm allemal stand.
Das von Marion Franz komponierte Musikstück ist der auditive rote Faden des Films geworden und begleitet die Geschichte der Sinti und Roma unterschwellig, aber unabdingbar klangvoll durch die unterschiedlichen Zeiten.
Im März 2021 konnte die Filmproduktion „Die Geschichte des Z-Wortes – Rassismus gegen Sinti und Roma“ anlässlich des Gedenktages der Deportation der Sinti und Roma aus der Region Hannover am 03. März 1943 auf der YouTube-Seite der Region Hannover veröffentlicht werden.
Aus der pandemiebdingten Krise ist die großartige Chance erwachsen, ein Dokutainment in Kooperation mit der Gedenkstätte Ahlem und der Unterstützung von Philipp von Zitzewitz realisieren zu können, das für uns alle als erinnerungskultureller Beitrag zur Geschichte der Sinti und Roma in Deutschland und Hannover filmisch und viral erhalten bleibt.
Möge es neben der Aufklärung, Mahnung, Bewahrung der Geschichte der deutschen Sinti und Roma auch Anstoß geben, sich als Menschen zu sehen, zu begegnen und gegen Unrecht gemeinsam einzustehen.